Jede Woche neue Trends und so viele Kollektionen pro Jahr, dass selbst Modeschaffende kaum
hinterherkamen: Das war in den vergangenen Jahren der Normalzustand in der Fashion–Szene –
bis Corona kam und alles lahmlegte.
Geschlossene Geschäfte, abgesagte Fashion–Week–Schauen, Fast–Fashion–Ende; keine Party, kein After–Work–Drink mit Freunden in der Lieblingsbar mehr. Die problematische Schnelllebigkeit, über die schon seit Jahren diskutiert wird, ist abrupt beendet. Weltweit sind Modehistorikern am Grübeln, wie Corona unser Stilempfinden auf Dauer beeinflussen wird: Einige sind der Meinung, dass die Mode jetzt einen großen fulminanten Sprung macht – hin zu extravaganten Outfits, opulenten Accessoires, verspielten Schnitten und Drapierungen und mehr Lebensfreude. Das wäre zumindest logisch, wenn wir uns mal die Geschichte anschauen. Jeder Umbruch in der Gesellschaft brachte seine eigenen Fashion–Trends hervor und auf Kriegs– und Krisenjahre folgten Epochen der Eleganz und Extravaganz: Christian Dior erfand z. B. den New Look mit ausgestellten, eng taillierten Kleidern und revolutionierte die Welt mit seinen eleganten Schnitten, nach Jahren zurückhaltender nüchterner Kleidung. Die Entwicklung wird aber noch ein wenig dauern, bis dahin heißt es unserer Home– und Loungewear Glamour und Leben einhauchen. Denn eines steht fest: wir sollten trotz so langer Zeit in Quarantäne und mit Lockdown unseren eigenen Stil nicht aufgeben. Einfach Homewear mit Lieblingsteilen kombinieren – Blazer zu edler Jogginghose oder Lieblingsschmuckstück zu einfacher Strick–Wear. Neue Teile von der lokalen Lieblingsboutique nach Hause liefern lassen oder selbst abholen. Dann aber nicht auf Masse, sondern auf edle Teile das Augenmerk legen. In der Mode galt in den letzten Jahren ja die neuesten Laufstegtrends zu den billigsten Preisen zu bekommen. Covid hat für Entschleunigung gesorgt, statt weitere Übersättigung. Ein Phänomen, das perfekt zum Nachhaltigkeitsgedanken unserer Zeit passt und sich hoffentlich auch in Zukunft weiter durchsetzen wird. Lieber in wenige wertige und hochwertige Teile investieren z. B. Lederhose und Blazer mit hervorragendem Schnitt, bei dem die Kombi mit lässiger Hose zum raffiniert nonchalanten Designer–Outfit wird. Das sorgt für gute Laune und hilft ein wenig Normalität aufrechtzuerhalten. Denn Mode ist nicht nur ein Konsum–, sondern auch ein Kulturgut. Und ohne Mode und Kultur wäre das Leben ziemlich karg und trostlos. Bestes Beispiel und eine meiner persönlichen Ikonen ist Frida Kahlo. Seit ihrem 6. Lebensjahr war sie krankheitsbedingt für verschiedene Zeitspannen komplett ans Bett und Heim gefesselt, trotzalledem bewahrte sie sich ihren ganz eigenen Stil. Mit handbemalten Korsetts, farbenprächtigen Röcken, auffälligen Schmuck, Lippenstift und sogar Schuhen mit kleinen Absätzen zelebrierte sie das Leben – in ihren eigenen vier Wänden und teils sogar aus dem Bett heraus.
Genau so – mit kleinen Ritualen der Selbstachtung und Selbstliebe – sollte man seine Zeit auch in der Pandemie mit Lockdown und Quarantäne verbringen: in Stil und mit guter Laune. Denn nichts anderes ist der Grundgedanke von Mode, sich und seine Außenwelt zu beeinflussen. Schon das kleinste Styling: mit Leo–Mantel über dem Jogginganzug den Supermarkt besuchen, das geerbte Lieblingsschmuckstück zuhause auf der Couch tragen, den Tweedblazer mit edlem Seidenschal zum Spaziergang tragen.
Diese Rituale sind zeitlos und immer en Trend! Dem spricht auch Gucci Chefdesigner Alessandro Michele zu: „Mode ist auch eine Art Ritual, etwas Heiliges, Liturgisches, fast wie eine Religion“. In diesem Sinne – AMEN!